(Heavy Haulage History)
Trotz der geringen Fahrgeschwindigkeiten benötigte das Zuggesamtgewicht von 130 Tonnen noch ein beeindruckendes Bremssystem. An jeder der Querwellen aus dem Primärdifferential wurden 16 Zoll -Trommelbremsen angebracht. Sie wurden über ein Fußpedal, oder alternativ über einen Handhebel, vom Fahrer bedient. Der Handhebel ermöglichte dem Fahrer, das Fahrzeug noch auf einem Hügel zu halten, während beide Füße frei waren, um Gas- und Kupplungspedale für ein sauberes Anfahren zu bedienen. Zusätzlich ist ein Handrad rechts angebracht, mit dem die Feststellbremsen an den Antriebsrädern betätigt werden können.
Und DAS bitte ich doch ´mal, sich auf der Zunge zergehen zu lassen: Bremskraftverstärker waren noch nicht erfunden, und „der Handhebel ermöglicht es dem Fahrer, das Fahrzeug noch auf dem Hügel zu halten.“ Vermutlich war Anno Dunnemals eine gewisse Statur und Nervenfestigkeit Voraussetzung als Fahrer einer Schwerlast- Einheit.
Die Vorderachse war eine massive Doppelkurbeleinheit mit einer technischen Achslast von 8 Tonnen. Die Lenkung wurde durch Schrauben- und Mutter Lenkgetriebe betätigt und benötigte sieben Lenkradumdrehungen von Anschlag bis Anschlag. Trotz dieser Übersetzung war bei Manövriergeschwindigkeiten ein erheblicher Kraft-Aufwand erforderlich.

Das Führerhaus:
Die Zugmaschine wurde mit einer großen Holzhütte ausgerüstet, die ungefähr so windschnittig und ergonomisch wie eine Gartenhütte war. Ursprünglich hatten beide 100-Tonner vertikale Windschutzscheiben, später wurden beim KD9168 dann die schrägen Windschutzscheiben eingebaut. Auf dem Foto sieht man gut die leicht schräg gestellten Windschutzscheiben; diese waren zweckmässigerweise geteilt.
Die Zugmaschine war nur Teil des Scammell 100-Tonners. Die andere Hälfte war der die riesige Last tragende Sattelanhänger. Scammell bezeichnete damals immer ihre Anhänger als „Ladungsträger“. Diese Tradition setzte sich in den 1950er Jahren fort und hatte ihre Ursprung in den Straßensteuergesetzen der 1920er Jahre. Auch heute bekommen die Anhänger oder Auflieger in Großbritannien übrigens kein eigenes Kennzeichen, sondern nur das Kennzeichen der Zugmaschine „umgehängt“.
Die „Lastträger“ für den 100-Tonner wurden in zwei Größen gebaut. Die kleineren für 65 Tonnen Last mit einer Achslinie und die größeren für Lasten bis 100 Tonnen mit zwei Achslinien. Die Hauptkomponenten der beiden Lastträger waren ansonsten gleich, die zusätzliche Kapazität des 100-Tonners wurde nur durch die zusätzliche Achslinie gewonnen.

Der 65-to-Lastträger hatte einen Radstand von 50 Fuß – dies entspricht ca. 15.240 mm – und zwei Pendel-Achsen mit vier Rädern mit Vollgummi-Bereifung. Diese Achsen wurden mittels massiver nach hinten vorstehender Zapfen nach hinten am Lastträgerbett montiert. Sie waren frei, um auf einer vertikalen Achse zu schwingen, und konnten durch ein riesiges vertikales Rad, das einem Schiffsrad ähnlich ist, gelenkt werden.
Eine klare Kommunikation zwischen Fahrer und Steuermann war, damals wie heute, von entscheidender Bedeutung. Gilt im Unternehmen genauso wie beim Führen eines Fahrzeugs von diesen Größen und Gewichten.
Um die 78 Fuß (fast 24,00 m) Entfernung zwischen Fahrer und Steuermann zu überwinden, wurde ein Telefonkommunikationssystem „Alfred Bell Admiralty“ installiert. Leider war es mir nicht möglich, eine Photo einer solchen Anlage zu finden; es hätte mich doch sehr interessiert!
Wenn die Kabine entfernt werden musste, kommunizierten der Steuermann und der Fahrer durch Pfeifen. Anfang der 90er Jahre, also „unsere 90iger“, erzählte mir mein Schwerlast- Bruder, wurde bei seinem ersten Schwerlast- Arbeitgeber auch noch „gepfiffen“.
Weiß eigentlich von euch jemand mehr zu den „Pfiffen“ ?
Sehr interessant übrigens:
Vollständig ausgefahrene Hydraulikzylinder an der Vorderseite der Ladebrücke hoben die Vorderseite der Ladebrücke um ca. 380 mm an, was zu einer zusätzlichen Bodenfreiheit von ca. 200 mm führte. Der Lastträger konnte aber auch um ca. 300 mm abgesenkt werden, wenn die Gesamthöhe mit Ladung z.B. unter einer Brücke ein Problem war.

Und: Dieses Hubsystem konnte auch verwendet werden, wenn die Antriebsräder durch die Straßenoberfläche sanken, was ein häufiges Problem damals war. Die Straßen waren doch noch in einem anderen Zustand als heute – oder eigentlich auch nicht. Durch das Anheben des Lastträgers und unterbauen auf Bolstern konnten Stahlbleche unter den Antriebsrädern positioniert werden; dies erleichterte nach dem Absenken die Fortsetzung der Fahrt.
Belegt ist, dass so ein komplettes Fahrzeug, geliefert am 20.01.1930, 475.000 Pfund kostete, einschl. einer Besonderheit im Zuge des Scammell-Vorkaufsrechts, nämlich, dass mechanische Teile für den 65-Ton-Lastträger vollständig kompatibel mit dem 100-Ton-Lastträger sein sollten, und dass genügend zusätzliche Teile geliefert werden, um ihn auf 100 Tonnen umzuwandeln.
Ich habe einmal durch die Weltgeschichte gegoogelt, und habe eine Aussage gefunden – nicht belegt, bitte! – dass Anfang des 20. Jahrhunderts ein Pfund Sterling damals offiziell ca. (die Quellen schwanken) 72 Pfund Sterling von heute entsprachen. Dies entspräche 33.984.000 Pfund oder runden EUR 40.505.530. Da sind wir heute doch geradezu im Dumping- Preis- Bereich…

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