Der „Scammell 100-Tonner“

(Heavy Haulage History)

Als Chronistin muss du nicht nur eine lockere „Schreibe“ haben. Nein, es bedarf auch der Menschen, die ein tiefes fachliches Wissen haben, und die dieses Wissen dann auch noch so aufbereiten können, dass es auch die Chronistin versteht. So muss das sein!

Mr Michael „Heavy-Haulage-History“ Bammel hat mir etwas zukommen lassen, das einfach nur hoch interessant ist: Die Geschichte des Scammell 100-Tonners.

Das Transportgewerbe im United Kingdom war im Umbruch in diesem Jahr 1929, und dies führte zu einer, ganz besonders aus heutiger Sicht, denkwürdigen Neukonstruktion, nämlich jener des Scammells. Die Spurbreiten, wie sollte es auch anders sein, waren in England andere als in Europa oder anderswo. Der Dampflokomotiven-Hersteller Kitson wollte Lokomotiven, die speziell für den Export gebaut wurden, und nicht der britischen Spurweite entsprachen, von Leeds nach Liverpool zur Verschiffung transportieren.

Den Auftrag für den Transport der Lokomotiven – ein klassisches Schwerlast- Gut – ging an M.R.S. Ltd., (= Marston Road Services) aus der Lightbody Street in Liverpool. Finde ich ja witzig, dass da ein Schwertransport- Unternehmen ausgerechnet in der „Leichtkörper Straße“ sitzt *lach*

Mr Ernest Charles Marston hatte bereits zuvor gut mit dem LKW- Hersteller Scammell Lorries Ltd. In Watford zusammengearbeitet, und so erfolgte eine typische Projekt- Beauftragung, ähnlich wie es Georg Tietz von HEGMANN-Transit u.a. mit Thomas Meusburger praktiziert.

1929 kam Marston mit der Idee, dass ein Lastwagen mit einer Tragfähigkeit von 100 Tonnen ideal für den sog. „Kitson-Transport-Vertrag“ sein würde.

Da war nichts mit CAD und CAM und dem digitalen Speichern von Wissen…

Bemerkenswert: Innerhalb von nur 8 Monaten! wurde der Scammell von Percy Hugh, Director of Engineering, und seinem brillianten und leicht schrägen jungen Designer – die gab es auch schon damals – entwickelt. Es handelte sich um Mr Oliver Danson North.

Zwei Patentanmeldungen sicherten das Gesamtprojekt ab.

Und DAMIT fuhr man dann mit 100 Tonnen des Nachts durch die Gegend? Die Fahrer mussten damals Nerven wie Drahtseile gehabt haben.

Einige technische Details:

Die Antriebseinheit basierte auf einem massiven Rahmen aus vernieteten Stahlblechen. Diese wurden in einen Kastenrahmen mit Öffnungen für Motor, Getriebe und Drehtisch eingebaut. Als Antriebsmaschine wurde ein Scammell 4-Zylinder, 7.094 cc Benzinmotor gewählt, der sich bereits in vielen anderen Scammell-Fahrzeugen bewährt hatte. Um die höhere Nutzlast von 100 Tonnen statt bisher 25 Tonnen zu bewältigen, wurde der Motor etwas anders abgestimmt, und die Leistung von 80 PS auf 86 PS erhöht.

Mein lieber Scholli*!
86 PS und ein 7,1 ltr- Motor, und dieser zog dann 100 Tonnen… Chapeau!

Um eine ausreichende Tankkapazität bei dem Kraftstoffverbrauch von 0,75 mpg (miles per UK-gallon) unterzubringen – das sind in den bei uns gebräuchlichen Einheiten sage und schreibe 313 ltr pro 100 km (!) – wurden drei Kraftstofftanks angebaut, die über eine Gesamt-Kapazität von 103 UK-Gallonen, was ca. 1.400 ltr entspricht, verfügten.

1932 ersetzte dann die Pelican Engineering Co. (Sales) Ltd. aus Leeds den ursprünglichen Motor durch einen Gardner 6LW-Dieselmotor. Dies erhöhte die Leistung von 86 PS auf 105 PS, und reduzierte den Kraftstoffverbrauch auf 4 mpg, entsprechend 59 ltr/100km. Das Zuggesamtgewicht von 130 Tonnen mit nur geringer verfügbarer Leistung bedeutete zwangsläufig, dass die Übertragung sehr sorgfältig ausgelegt werden musste. Als Getriebe wurde das Scammell Standard-4-Gang-Getriebe aus der Sattelzugmaschine des 25 Tonners verwendet.

Hinweis der Chronistin: *“Mein lieber Scholli“ ist bei uns im Ruhrgebiet ein oft spontaner Ausdruck des Erstaunens, aber auch der Bewunderung.

* * * V O R S C H A U * * *

Am kommenden Mittwoch darf ich weiter über den Scammel 100-Tons berichten. Bereits damals war übrigens die KOMMUNIKATION während des Transport ein wichtiges Thema!

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