Das Genehmigungswesen in U.K.

Mit Thorsten Wippel kam ich kürzlich ins Plaudern über jenes Thema, das die Branche hier stark bewegt:

Das englische Genehmigungswesen ist dagegen ein Kontrastprogramm!

Einige Worte vorab zu Thorsten:
Thorsten zeichnet verantwortlich für die Planung der Schwerlast-Aufträge in England, Schottland, Irland und die umliegenden Inseln. Und er ist auch zuständig für die Planung und Genehmigung in good old Europe. Dies „tut“ er für die East Suffolk Logistics mit Sitz in Felixstowe in Suffolk.

Gut in diesem unserem Gewerbe: Thorsten ist gelernter Speditionskaufmann. Und vier Jahre Bundeswehr, als Unteroffizier in der Artellerie, ist für eine positiv-anpackende Berufsausübung auch nicht das Schlechteste J Nach 2 ½ Jahren, in dem er Lager + Dispo für ein kleines Transportunternehmen in Worms regelte, war er im internationalen Verkehr als Fahrer unterwegs. Und hat dann gute 10 Jahre in der Schweiz für seinen Arbeitgeber die Abwicklung zwischen der Schweiz und UK geregelt.

Thorsten lebt inzwischen seit 2000 in England. Schuld war es eine Frau, nämlich seine heutige Frau Kim, die er – ausgerechnet! – in Dover beim Zoll kennenlernte: Sie war die Managerin des Verzollungsbüro in Dover.

(1) Die East Suffolk Logistics Ltd. wird gerade aufgebaut. Bis Ende des Jahres werden es zehn Fahrzeuge mit verschiedenen Aufliegern sein. Von 2-Achs-Tieflader bis 5 Achsen, plus normale Tautliner (Planenzüge). Für 2024 ist noch einiges mehr geplant, es sollen bis zu 50 Fahrzeuge aufgebaut werden.

Das funktioniert natürlich nur, wenn da der entsprechende Investor im Hintergrund ist: Die East Suffolk Logistics gehört zu Explóre.  Explóre hat sich auf Großraum- und Schwertransporte spezialisiert, der Schwerpunkt liegt aber auf der Vermietung und dem von Gerätschaften. Auch vorgefertigte Betonteile werden von Explóre gefahren. 

Die East Suffolk Logistics segelt zukünftig unter eigener Flagge auf dem UK-Markt, und wird sich auf den internationalen Schwertransport-Bereich spezialisieren. Director ist John Whitehurst, er baut das Unternehmen maßgeblich mit auf. Transportmanager ist Graham Easby.

John Whitehurst (Director), Graham Easby (International Transport Manager), Thorsten Wippel (International Planner)

Für wirkliche Spezialtransporte könnte ich es ja noch verstehen, dass der Bearbeitungsprozess langwierig ist. Straßen- und Brückenzustände ändern sich. Durchfahrtshöhen und Tragfähigkeit sind nicht immer die gleichen für jede Fahrt. Es stellt sich nur die Frage, warum immer der gleiche zeitraubende Prozess für die jahrelang unveränderten Transporte angewendet wird, die immer mit relativ unveränderten Dimensionen und Gewichten die gleiche Strecke befahren?

Thorsten Wippel war so freundlich, mir das Genehmigungswesen in UK ein wenig näherzubringen:

SLT: Thorsten, England macht´s vor: Es gibt zwei verschiedene Online-Plattformen. Auf beiden gibt es verschiedene Kategorien für Genehmigungen, gemäß des Fahrzeugtyps, der Abmessungen und den im Verfahren beteiligten Behörden.

TW: Genehmigungen werden hier innerhalb von 2-5 Tagen bearbeitet, wenn nur Verwaltungen im Applikationsprozess beteiligt sind. Diese sind für Transporte unter 44 t Gesamtgewicht und unterhalb bestimmter Maßangaben.

2-8 Tage werden benötigt für Genehmigungen über 44t bis maximal 125t. Insgesamt gibt es sechs verschiedene Genehmigungstypen-/Varianten, die unterschiedliche Behörden und die Polizei in der Bearbeitung einbeziehen.

Fotobildliche Darstellung der Reaktion des Genehmigungs-Mitarbeiters in einer deutschen Schwerlast-Spedition, wenn dieser an das denkt, was genehmigungstechnisch vor ihm liegt: Eine laaaange Strecke…

TW: Vereinfachte Genehmigungsanträge (Kategorie 1), also C & U-Anträge für FZ bis max 44 To-Gewicht, max 4,30 m, max Länge 27,4 m. Vorlauf sind mit zwei Tagen Vorlauf bei den Behörden innerhalb von fünf Tagen genehmigt. Absprache mit den Highway-Companies, also jenen Unternehmen, die sich um die Straße kümmern, das alles läuft über die örtlichen Behörden. Die Polizei ist mit eingebunden ab 3,50 Breite, da dies in UK Voraussetzung ist. Diese Einbindung erfolgt automatisch, und die Polizei entscheidet dann, ob komplett oder für eine Teilstrecke polizeiliche Begleitung erforderlich ist. Auch bei Überlängen liegt es in der Entscheidung der Polizei, ob eine entsprechende Begleitung angeordnet wird.

In die Plattform werden alle Details angegeben, plus der entsprechenden Gewichte. Es spielt keine Rolle, welches (passende) Fahrzeug man dann nimmt. Die Masse und Gewichte sind maßgeblich. Die Achsanzahl spielt keine Rolle, das Gesamtgewicht ist maßgeblich.

Wenn dieses Gewicht überschritten wird, dann kommen die Anzahl der Achsen, der Achsabstand und die einzelnen Achsbelastungen zum Tragen. Die drei Gruppen sind:

Kat 1 bis 50 to
Kat 2 bis 80 to
Kat 3 bis 125 to Gesamtgewicht

TW: Wir sind früher für Felbermayr gefahren, es ging um einen Trafo mit 125 to. Damit käme für diesen dann Kat 3 ins Spiel.

SLT: Und wenn es über die 125 Tonnen geht…?

TW: …über die 125 Tonnen geht? Erst dann gibt es die Bereiche VR 1 und SPO, und diese werden dann genau so wie bei VEMAGS behandelt. Nur bei VR1 und SPO dauert es eben länger, weil dann alles begutachtet wird. Der Schwerlast-Spediteur bekommt eine Liste per Email, mit wem er sich in Kontakt setzen muss.

SLT: Wie lange dauert so ein Genehmigungsprozeß im einfachen Verfahren?

TW: Fahrten, die in UK im vereinfachten Verfahren laufen, dauern je nach Kategorie mindestens zwei Arbeitstage, und sind auch gerne zwei, lieber bis zu fünf Tage vorher zu beantragen. Für die Kategorien 2 und 3 sind es dann drei Tage Bewilligungsdauer. Gerne sehen die Behörden es natürlich, wenn es 5 Tage Vorlaufzeit sind. Auf der Plattform bekommt man von allen Behörden die Benachrichtigungen, auch von der Polizei.

Es werden übrigens auch Vorschläge gemacht von den Behörden.

SLT: Wie funktioniert die Zusammenarbeit von UK in Richtung Deutschland?

TW: Der Schwerlast-Unternehmer kann über sein Konto für seine Auftraggeber aus Deutschland die Genehmigungen direkt einzuholen, wenn diese den Nachweis einer entsprechenden Haftpflichtversicherung beibringen. Das habe ich bereits oft, auch bei meinem alten Arbeitgeber, gemacht.

SLT: Der Unterschied „Genehmigung zu VEMAGS“?

TW: Bei VEMAGS kann man die FZ-Kombi abspeichern und abrufen. Beim englischen System kann im Auftrag die Anzahl der Achsen und die Gewichte verändern. Es sind keine weiteren Angaben zum Fahrzeug erforderlich. Lediglich Anzahl Achsen, Gewichte, Abmessungen und Beschreibungen des Transportguts. Das Hilfsmittel ist der Routenplaner, dieser macht einen Vorschlag, und folgt eine Analyse, und es kommen sofort Informationen von den Behörden rein. Bereits in Vorhinein kommen die Infos, so dass der Spediteur die Route ggf selbst ändern kann.

SLT: Wie lange hat der UK-Schwerlast-Spediteur für eine Genehmigung analog VEMGAS einzuplanen?

TW: Die VR1- und SPO- Genehmigungen, die sind, je nach Streckenlänge, in der Bearbeitung auch bei uns zeitaufwendig. Hier muss man mit 1-3 Monaten rechnen, bis der Antrag genehmigt wurde. (SLT: In D dauert es auch schon mal 17 Wochen, wie mir ein Genehmigungsspezialist aus dem Siegerland sagte..)

SLT: Wie funktioniert es in UK, wenn eine Änderung erforderlich ist, weil z.B. ein Fahrzeug ausfällt?

TW: Wenn z.B. eine Genehmigung schon da ist, und es muss ein anderes Fahrzeug eingesetzt werden, dann muss nicht unbedingt ein neuer Antrag gestellt werden. Der alte Antrag wird mit einer Änderung erneut gestellt. Man setzt sich mit der entsprechenden Behörde in Verbindung, mit einem Hinweis auf die Änderung, und dann kommt das O.K. seitens der Behörde. Es muss nicht wieder der „lange“ Prozess erneut durchlaufen werden.

SLT: Zum Schluß: Wie ist das denn mit den Brücken bei euch in UK?

TW: Brücken: Sind nicht ganz so marode wie bei uns in Deutschland, „sind net so schlecht“. Seit Januar auf der M3 London – Southhampton innerhalb von 6 Monaten wurde das behoben. Diese Brücke wird demnächst für sämtliche Gewichte freigegeben. Das System gibt diese Infos bereits vorab.

Wenn Brücken einmal berechnet wurden, muss das nicht jedesmal neu berechnet werden.

  • Einmal hinterlegte Daten (Statik für Brücken) müssen nicht mehr neu berechnet werden.
  • Zeitdauer: Minimum, bis zu 3 Monaten, je nach Länge und Art der Strecke.
    Es wird direkt auch geprüft, ob die Strecke  zB von Southampton nach Edinburgh mit dem Schiff gefahren werden kann, um dann umgeladen zu werden.

Herzlichen Dank, lieber Thorsten Wippel, für das sehr interessante Interview!

Übrigens:
Thorsten Wippel freut sich über weitere Kontakte aus der Branche, und ist im Gegenzug auch gerne behilflich, wenn es um das Genehmigungswesen in UK geht.
==> thorstenwippel@eastsuffolklogistics.com

Hier noch ein Artikel aus England zu diesem Thema.
https://www.freightnews.co.za/article/manufacturing-giant-germany-has-heavy-transportation-crisis

Fotos: 1, Collage und East Suffold-SZM wurden von Thorsten Wippel zur Verfügung gestellt. Alle anderen Fotos: Silvia Rybka/Martin Meier

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